Die Wahlzelle, eine kompakte Ausstellung zu 100 Jahre Frauenwahlrecht, wurde am 31. Oktober 2018 in einem Festakt an der Universität Wien feierlich präsentiert.
Mit der Gründung der Republik wurde vor 100 Jahren ein Meilenstein für die Gleichberechtigung eingeführt – das Wahlrecht für Frauen. Die Wahlzelle als symbolischer Ort des Wählens präsentiert die Ausstellung zur Vorgeschichte und den Auswirkungen des Frauenwahlrechts. Gleichzeitig zogen das ForscherInnenteam und die Festrednerin Julya Rabinowich kritische Bilanz zur Partizipation von Frauen am politischen Geschehen seit Einführung des Wahlrechts.
Im zum Bersten vollen Kleinen Festsaal der Universität Wien eröffnen Vizerektorin Christa Schnabl, Christian Schütze, Dekan der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät und Paul Oberhammer, Dekan der Rechtwissenschaftlichen Fakultät, den Festakt zum 100-jährigen Jubiläum des Frauenwahlrechts.
„Es ist uns wichtig, das Feiern des Jubiläums nicht nur mit einem Rufzeichen der Freude, sondern auch mit Nachdenken zu verbinden.
Österreich war während dieser Zeitspanne nicht durchgehend eine parlamentarische Demokratie, etliche ProtagonistInnen des Frauenwahlrechts wurden im Austrofaschismus und Nationalsozialismus verfolgt. Auch heute ist in Österreich keine geschlechtergerechte Gesellschaft verwirklicht.“ betont die Historikerin Gabriella Hauch, eine der Projektleiterinnen von frauenwahlrecht.at.
Julya Rabinowich zeigt in ihrer Festrede „Frauenstimmen“ den stetigen Kampf um die Gleichberechtigung auf – wählten Frauen in Österreich 1919 zum ersten Mal, durften sie dies im Schweizer Kanton Innerrhoden erst 1990: „Roxette sang Dangerous, Madonna sang Vogue und die Schweizerinnen durften wählen.“ Dennoch folgte in Österreich die Familienrechtsreform erst 1975, viele Jahre nach dem Frauenwahlrecht. Daher ist stetiges Einmahnen notwendig: „Frauenstimmen müssen lauter sein als das Boulevardgetöse. Wir wollen nicht die Prinzessin im Turm sein, wir wollen das halbe Königreich.“
Nachdem erst in den 1970ern wieder mehr Frauen als in der Ersten Republik im Parlament saßen und auch 2018 nur 36% der Abgeordneten und MinisterInnen weiblich sind, attestierte die Rechtsphilosophin Elisabeth Holzleithner, ebenfalls Projektleiterin von frauenwahlrecht.at: „Ein schöner historischer Anlass – feiern wir grimmig und entschlossen.“
Fatima Spar & the Freedom Fries, die den Festakt musikalisch untermalte, krönte den Abend mit der neu arrangierten Fassung eines besonderen Lieds: Die Frauenwahlrechtsaktivistin und Politikerin Therese Schlesinger schrieb den Text für das Frauenwahlrechtslied, das – zur Melodie des Sozialistenmarschs – 1911 beim 1. Frauentag in Wien gesungen wurde.
Die Wahlzelle: bis 22. November in der Aula der Universität Wien, anschließend bis 31. Jänner im Juridicum
Die Ausstellung erzählt von den historischen Zusammenhängen zwischen der Republikgründung 1918 und der damit einhergehenden Einführung des Frauenwahlrechts. Neben dem Kampf von Frauen um ihr Wahlrecht in der Monarchie werden auch verschiedene Formen der politischen Teilhabe von Frauen in der Ersten und Zweiten Republik gezeigt: Historische Plakate erzählen, wie Frauen als Wählerinnen entdeckt und von den Parteien umworben wurden. Politikerinnen des 19. und 20. Jhdt. werden vorgestellt und können mitgenommen werden – die Portraits stehen als Abreißkalender zur Verfügung. Ebenso thematisiert werden Ausschlüsse vom Wahlrecht (etwa wegen der „Sittlichkeit“) und die Abschaffung der bürgerlichen und politischen Rechte im Austrofaschismus und Nationalsozialismus.
Die Wahlzelle auf Wanderschaft in Österreich: das Frauenwahlrecht und politische Akteurinnen in Niederösterreich, Salzburg und Wien
Die Ausstellung in der Wahlzelle bietet bei der Ausstellung in den Bundesländern jeweils mit vor Ort recherchierten Ausstellungsstücken und der Vorstellung von regionalen politischen AkteurInnen Einblick in die regionalen Aspekte der Geschichte rund um das Frauenwahlrecht.
Die Wahlzelle als Auftakt: Große Ausstellung „Sie meinen es politisch!“ 100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich ab März im Volkskundemuseum Wien
Der Termin der Hauptausstellung korrespondiert mit dem Einzug der ersten weiblichen Abgeordneten in das Parlament im März 1919. Zeitgleich wird eine wissenschaftliche Publikation erscheinen.
Mit freundlicher Unterstützung von:
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Referat Genderforschung
Forschungsschwerpunkt Frauen- und Geschlechtergeschichte
Gender & Agency Forschungsverbund an der Universität Wien